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Flaggen der Vereine des Bayernkreises












Der Bayernkreis im Deutschen Kanu-Verband

von Dipl.-Ing. Jos. Locher

Eine Chronik des Münchner Kajaksports wäre unvollständig, wollte sie drei Ereignisse aus der frühesten Zeit der Entwicklung unseres Sportes nicht aufführen.

Einmal war es ein amerikanisches Faltboot, der 'Ohio', den der Münchner Artist Prelle schon 1905 auf die Isar brachte, wo das Boot bis zu seinem von J.B.Sailer geschilderten Untergang im Juli 1905 etwa ein Dutzend Fahrten zwischen Wolfratshausen und München machte. Gleiche Boote wurden auch noch später bis 1914 auf der Isar gefahren, aber die rasche Entwicklung brachte die auch 1905 erfolgte Konstruktion des Herrn Architekten Heurich, der nach dem Vorbild eines Eskimokajaks ein Boot aus Pfefferrohrstäben und Segeltuchhaut (Delphin-Boot) baute, das dann nach mancherlei Verbesserungen den Urtyp unseres heutigen Faltbootes darstellt und damals schon alle Eigenschaften hatte, die um München gelegenen, raschfließenden Gewässer besonders Isar, Inn, Lech, zu befahren. Nun war auch das Interesse der Presse erwacht und erhielt durch gute Fahrtbeschreibungen von C.J. Luther und Eug. Roth neue Nahrung. Ein kleiner 'Kanusportklub' war der Vorläufer unserer heutigen großen Paddelklubs. Seine Mitglieder befuhren die Gewässer um München in starren Segeltuchkajaks, etwa in der Form unserer heutigen Faltboot-Einsitzer, bis 1908 das Faltboot auch hier seinen Einzug hielt.

Diese drei Vorläufer der Kanusportbewegung fanden, dann ihren Zusammenschluss im Deutschen Touring-Club, der in seiner 1912 neu gegründeten Faltbootabteilung unter C.J. Luthers Leitung alle Kräfte einte und bis zum Kriegsausbruch die Wassertouristik stark förderte. Nach dem Kriege, als die sportliche Betätigung der Heimgekehrten mit Macht wieder auszuleben begann, war bald aus der kleinen Faltbootgemeinde eine große Menge Faltbootsportler geworden, deren verschiedene Interessen natürlich in einem Verein nicht mehr Platz hatten, und die Chronik erzählt uns von einer denkwürdigen Generalversammlung im Herbst 1920, die eine offene Spaltung und die Gründung neuer Faltbootvereine in München brachte. Es entstand der Klub Münchner Kajakfahrer, heute einer der angesehensten Paddelvereine, und bald darauf nahmen die Turnvereine in München diesen Sportzweig in ihr Programm auf und wir sehen nacheinander die großen Münchner Turnvereine mit Faltbootabteilungen an die Öffentlichkeit treten. Auch außerhalb Münchens erwachte das Interesse am Kajaksport und wir sehen bald in Traunstein, Mühldorf und Rosenheim Faltbootklubs aufblühen.

Gleiche Sportbegeisterung und rege Wandertätigkeit brachte die einzelnen Klubs in enge Fühlung und sportlichen Wetteifer. Am besten zeigte sich die einmütige Stimmung der südbayerischen Vereine bei der am 22. Juni 1921 erstmals durchgeführten Isar-Faltbootregatta, die von der Faltbootabteilung des Deutschen Touring-Clubs ins Leben gerufen wurde.

Fast gleichzeitig mit dem Zustandekommen der rein auf den Faltbootsport, insbesondere auf das Flusswandern eingestellten Vereine bildete sich in München auch 1920 der Donaukreis des Deutschen Kanu-Verbandes. Er wurde ohne Fühlungnahme mit den bestehenden Vereinen von einigen früheren Mitgliedern derselben vielleicht weniger aus touristischen und sportlichen, als aus geschäftlichen Gründen ins Leben gerufen. Jedenfalls fehlte von vornherein jede Verständigung mit den starken Kajakklubs, und der Donaukreis konnte in München, ja in ganz Südbayern eigentlich nie recht Fuß fassen. Das lag daran, dass er auf die bestehenden Vereine keinerlei Rücksicht nahm und dass er viel norddeutsche Art, die damals für Münchener Verhältnisse gar nicht passten, zu uns bringen wollte. Die erste Kurzstreckenregatta des Donaukreises wurde von den im 'Ausschuss Münchner Faltbootvereine' zusammengeschlossenen Klubs gemieden und führte zu einem Starverbot des D.K.V. gegen die Isar-Regatta. Die ganze unerquickliche Auseinandersetzung kann nachgelesen werden im damaligen offiziellen Organ der Münchner Vereine, dem 'Faltboot' (Heft 4, Jahrg. I) und im 'Kanusport' (Heft8, Jahrg. II).
Die Notwendigkeit einer 'Wahrung der Interessen der Faltbootfahrer und ihrer sportlichen Eigenart', wie es damals im Gründungsprotokoll hieß, führte dann am 19. Juni 1922 zur Gründung des Verbandes Deutscher Faltbootfahrer, Sitz München, dem in München die Faltbootabteilung des Deutschen Touring-Clubs, der Klub Münchner Kajakfahrer, die Faltbootabteilung des M.T.V. v. 1879, Verein für Faltbootsport 1921, von auswärts der Klub Traunsteiner Kajakfahrer als Gründungsmitglieder angehörten. Auch Kufstein, Passau, Schärding a.Inn und Rosenheim waren zum Anschluss bereit.

Der Verband Deutscher Faltbootfahrer setzte sich zur Aufgabe, vor allem das Flusswandern zu fördern, daneben die traditionell gewordene jährliche große Faltbootregatta auf der Isar durchzuführen. Er nahm insbesondere gegen die im D.K.V. immer mehr in Aufnahme kommenden Kurzstreckenregatten Stellung, trat jedoch im Übrigen zum D.K.V. und dem inzwischen entstandenen Österreichischen Kajakverband in gute Fühlung. Allerdings kam der Einfluss des Faltbootffahrerverbandes nicht weit über Bayerns Grenzen hinaus, da im Norden der D.K.V. schon die Mehrzahl der Paddler umfasste und auch der Österreichische Kajakverband bald alle österreichischen Vereine an sich zog. Die rasch zunehmende Verbreitung des Faltboots auch in norddeutschen Kreisen und die Abschwächung der rein rennsportlichen Einstellung im D.K.V. haben dann die Wege geebnet, auf denen anlässlich der Isar-Regatta 1923 führende Persönlichkeiten des D.K.V. die Annäherung zu unserem Münchner Faltbootsport fanden. Auch unsererseits war der Gedanke eines engen Zusammengehens und das Zustandekommen eines großen deutschen Verbandes aller Paddler, ob Kajak, Kanu oder Faltboot, als großes Ziel vor Augen schwebte.

So brachte uns der Sommer 1924 nicht zuletzt durch die Anregung der inzwischen stark aufgeblühten Kajakvereine an der Donau und in Nordbayern den definitiven Zusammenschluss aller bayerischen Faltbootvereine in dem erweiterten Bayernkreis. Freilich, so ganz ohne 'Reservatrechte' gings nicht, und so blieben der Untertitel: Verband Deutscher Faltbootfahrer und einige verbandstechnische Erleichterungen bestehen. Durch den angebahnten regen Gedankenaustausch mit unsern norddeutschen Paddelbrüdern, vor allem auch durch das zunehmende Regattainteresse bei einzelnen Münchner Vereinen, schwanden die Unterschiede zwischen Nord und Süd. So war's nicht verwunderlich, dass in der Generalversammlung Anfang 1925 der einstimmige Beschluss zustande kam, den Verband Deutscher Faltbootfahrer endgültig zu begraben und restlos dem Deutschen Kanu-Verband als Bayernkreis angehören zu wollen. Damit war auch in unserem Sport die große deutsche Einheit geschaffen. Heute freut sich wohl jeder Münchner Kajakfahrer, diesem rührigen Verbande, dessen vorbildliches Arbeiten uns alle mit Stolz erfüllt, anzugehören. Der Bayernkreis aber ist im Verbande schon wegen der wachsenden Bedeutung des Faltbootes, nicht der letzte, ist er es doch, der im Verbande den Faltbootobmann alljährlich stellt.

Quelle: Der Bayernkreis, Hrsg. J.Grob, Pressewart, ca. 1925
Medaille: VBK
Zusammenstellung: Ilse Entner, 10/2016
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